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Schleudertrauma: Ursachen, Erkennung und Behandlung

Ratgerber zu Informationen und Behandlung von Schleudertrauma

Was ist ein Schleudertrauma und wie entsteht es?

Das Schleudertrauma ist dadurch gekennzeichnet, dass der relativ schwere Schädel plötzlich aus einer Bewegung heraus abrupt abgestoppt (Auffahrunfall) oder plötzlich beschleunigt wird (Sturz auf das Gesicht) und es damit zu einer plötzlichen und unerwarteten Überlastung von wichtigen Strukturen im Bereich der Halswirbelsäule – insbesondere der oberen Halswirbelsäule – und des Schädel-Nacken-Übergangs kommt. Da dieser anatomische Bereich neben komplexer anatomischer Gegebenheiten auch eine intensive neurologische Verschaltung im Rahmen der sogenannten Kopfsteuerung beinhaltet, kommt es zwar gehäuft im Rahmen des Schleudertraumas nicht zu einer strukturellen Verletzung aber über die Zerrung verschiedener anatomischer Strukturen quasi zu einem „Programmabsturz“ in der neurologischen Kopfsteuerung, welche die teilweise sehr komplexen individuellen Beschwerden der Patienten mit unterschiedlichen Schweregrad verursacht.

Diese Verletzung entsteht infolge der vielfachen Ursachen:

  1. Autounfälle, insbesondere bei Heckaufprall: Besonders bei Auffahrunfällen wird der Schädel beim Aufprall heftig nach vorne und dann nach hinten geschleudert und damit die Wirbelsäule durch die Bewegung des Craniums im Sinne eines Beschleunigungstrauma und/oder eines Verzögerungstrauma verletzt, da die Muskel und Bänder der Halswirbelsäule überdehnt werden. Besonderheiten bestehen dann, wenn z.B. zum Zeitpunkt des Crashs der Kopf gedreht war oder sich in Überstreckung befand.
  2. Sportverletzungen: Sportarten wie Fußball, Rugby oder Eishockey, bei denen plötzliche Stöße oder Schläge auf den obersten Teil des Körpers oder Nacken einwirken.
  3. Stürze: Plötzliche Stürze, bei denen der die Bewegung des Kopfes unkontrolliert sind. Als Beispiel sind hier schwere Stürze auf den Kopf beim Downhill-Biking und beim Skilaufen zu nennen. Hinzu kommen Unfälle, bei denen der Schulterbereich und der Kopf auf unterschiedlichen Ebenen landen. Dazu zählen beispielsweise Stürze auf Treppen, Einfassungen oder Möbel.
  4. Physische Übergriffe: Faustschläge oder Schütteln des Kopfes.

Was sind die typischen Symptome eines Schleudertraumas?

Die Unfall-Symptome können unmittelbar nach dem Ereignis oder erst nach einigen Stunden bis Tagen auftreten. Je nach Schwere der Verletzung, des Zustandes der tiefen Halsmuskulatur, insbesondere der wichtigen suboccipitalen Muskulatur und dem Vorhandensein von echten Weichteilverletzung im Bereich der Halswirbelsäule sind typische Anzeichen und Symptome, die häufig an neurologische Symptome erinnern, festzustellen:

  1. Kopf- und Nackenschmerzen und immobilisierende Steifheit: Oft das erste und häufigste Symptom. Häufig im Hinterkopf beginnend.
  2. Schonhaltung
  3. Schwindel: Gefühl der Benommenheit, Drehschwindel, Schwankschwindel, Gleichgewichtsstörungen.
  4. Schulter- oder Rückenschmerzen: Schmerzen, die in den oberen Rücken oder die Schultern ausstrahlen.
  5. Kribbeln oder Taubheit: In Armen oder Händen.
  6. Sehstörungen und Hörprobleme: Verschwommenes Sehen, Ohrgeräusche oder Hörverlust.
  7. Konzentrationsschwierigkeiten und Gedächtnisprobleme: Kognitive Beeinträchtigungen.
  8. Erschöpfung: Allgemeine Müdigkeit und Erschöpfung.
  9. Muskuläre Verspannungen mit Bewegungseinschränkungen.

Wie erfolgt die zuverlässige Erkennung bei einem Halswirbelsäulen-Trauma?

Nach der Anamnese erfolgt eine vorsichtige körperliche Untersuchung nach orthopädischen und manualmedizinisch-osteopathischen Gesichtspunkten. Danach sollte über eine Röntgenaufnahme der cervicalen Wirbelsäule zunächst akut eine echte schwere Verletzung ausgeschlossen werden. Eine Magnetresonanztomographie (kurz MRT) der HWS schließt anschließend sicher auch Verletzungen von Weichteilstrukturen (Bänder, Gelenkkapsel, Sehnen, Muskulatur) aus. Außerdem liefert das MRT Hinweise darauf, ob es durch die HWS-Distorsion zu Kompressionen im Spinalkanal kommt. All diese Erkenntnisse sind wichtig für die Planung der optimalen Therapie. Gegebenenfalls können weitere Untersuchungen wie Computertomographie (CT),  Elektromyographie (EMG) oder Occlusionstest bei Bedarf notwendig durchgeführt werden.

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Universitärmedizinische („schulmedizinische“) Behandlung

Die Behandlung eines Schleudertraumas zielt darauf ab, Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit zu verbessern, eine Chronifizierung der Beschwerden zu verhindern und den Heilungsprozess so kurz als möglich zu gesalten. Die gängigen Behandlungsansätze umfassen:

1. Akutversorgung

Die Akutversorgung am Unfallort setzt auf eine Orthese (im Volksmund Halskrause genannt). Sie stabilisiert die Halswirbelsäule und entlastet sowohl den Nackenbereich als auch die Muskulatur. Zudem verhindert diese Zervikalstütze weitere ungewollte Bewegungen der traumatisierten Halswirbelsäule, die im schlimmsten Fall zu einer Querschnittslähmung führen könnten. Auch im weiteren Verlauf der Therapie für das Schleudertrauma leistet die Orthese gute Dienste.

2. Medikamentöse Therapie:

Es kommen zum Einsatz: Schmerzmittel (z.B. Ibuprofen) bei Bedarf,  Muskelrelaxantien zur Lösung von schmerzhaften Muskelverspannungen und als Reservemedikamente auch Antidepressiva, die bei chronischen Schmerzen zur Schmerzlinderung und Stimmungsstabilisierung beitragen.

3. Physiotherapie:

Bewährte Therapieformen sind aktive Bewegungs- und Lockerungsübungen zur Verbesserung der Beweglichkeit und Stärkung der Nackenmuskulatur,  Manuelle Therapie zur sanften Mobilisation der HWS sowie unterstützend Wärme- oder Kälteanwendungen zur Linderung von Schmerzen und akuten Reizungen.

4. Ergonomische Anpassungen:

Anpassung von Arbeitsplatz und Umgebung, um eine optimale Haltung zu fördern sowie Verwendung spezieller Kissen oder Stützhilfen während des Schlafs.

5. Ggf. Psychologische Unterstützung:

Verhaltenstherapie: Bei chronischen Schmerzen oder psychischen Belastungen. Durchführung von Entspannungstechniken: Yoga, Meditation oder progressive Muskelentspannung.

6. Schonung und Mobilisierung:

In den ersten Tagen nach dem Trauma sollte der Nacken geschont, aber nicht vollständig immobilisiert werden. Frühe, sanfte Bewegungen können helfen, die Steifheit zu reduzieren und die Heilung zu fördern.

Diese Therapien führen leider häufig nicht zu einer schnellen und ausreichenden Beschwerdelinderung, was häufig damit zu tun hat, dass die behandelnden Ärzte das Schädigungsbild pathophysiologisch nicht richtig einordnen und leichtfertig den Patienten darauf hinweisen, dass ja nichts kaputt sei und die Beschwerden rein psychischen Ursprungs seien. Ohne es anzusprechen, unterstellen viele Ärzte infolge entsprechender Prägung im Medizinstudium, dass es vielen Patienten nur um das Erlangen von Schmerzensgeldansprüchen gegen den Unfallgegner ginge.

Ganzheitlich-orientierte (erweiterte) Heilbehandlung

Aufbauend auf einer subtilen Kenntnis von Anatomie, Physiologie und Pathogenese des Unfallmechanismus steht in einem ganzheitlich orientierten Heilansatz zunächst die manualmedizinische Erfassung von funktionellen Traumafolgen im Vordergrund, d.h. hat das Schleudertrauma zu Gelenkblockaden, Muskelverspannungen, Kapselzerrungen und Bewegungsdysfunktionen geführt? Dabei stehen insbesondere die Strukturen der oberen Halswirbelsäule, der Faszien- und Muskelstatus und die craniale Beweglichkeit einzelner Schädelanteile im Viscerocranium- und Neurocraniumbereich im Mittelpunkt. Ein besonderer Fokus liegt auf Verletzungen und funktionellen Veränderungen in den Kiefergelenken, im Mundraum, der habituellen und der maximalen Occlusion der Zähne sowie der Kiefermuskulatur, wie sie auch beim Krankheitsbild der CMD auftreten. Der funktionelle Zusammenhang zwischen Schleudertrauma und CMD ist gesichert (s. Ridder, CMD-Buch). Aufbauend auf diesen Aspekten sind folgende Therapiemaßnahmen der erweiterten Heilbehandlung anzudenken:

  1. Qualifizierte ärztlich-osteopathische (oder ärztlich delegierte physiotherapeutisch-osteopathische) Therapie insbesondere der oberen HWS, des Neurocraniums, ggf. auch des Viscerocraniums und der Nacken- und Halsmuskulatur.
  2. Anfertigung einer myozentrischen Occlusionsschiene (keine unspezifische Knirscherschiene!) in Zusammenarbeit zwischen Orthopädie/Osteopathie und Zahnarzt/Zahnlabor.
  3. Akupunktur und/oder Axomera-Schmerztherapie von spezifischen Schmerzpunkten. Beispielsweise sind unter anderem die Punkte Blase10 und Gallenblase 20 bewährte Behandlungspunkte der Nackenregion.
  4. Vorsichtige medizinische Trainingstherapie an spezialisierten Therapiegeräten unter ständiger Anleitung eines medizinischen Trainers ohne wesentliche Gewichtsbelastung zur sensomotorischen Neuprogrammierung der Bewegungsabläufe im Bereich der Kopfsteuerung.
  5. Im Einzelfall Microtherapie nach Grönemeyer unter MRT-Steuerung mit Orthokine-Bluttherapie zur Therapie der oberen HWS nach kritischer Indikationsstellung.

Prävention und Prognose

Um das Risiko eines Schleudertraumas zu minimieren, können folgende Maßnahmen hilfreich sein:

  1. Sicherheitsvorkehrungen im Auto:
  • Kopfstützen richtig einstellen: Die Oberkante der Kopfstütze sollte sich auf Kopfhöhe befinden und möglichst nah am Hinterkopf positioniert sein.
  • Sicherheitsgurte immer anlegen.
  1. Schutzmaßnahmen im Sport:
  • Tragen von Helmen und Schutzvorrichtungen bei kontaktintensiven Sportarten.
  • Tragen einer angepassten Occlusionsschiene für Kontaktsportarten.
  • Richtiges Training und Techniken zur Vermeidung von Verletzungen.
  1. Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung:
  • Anpassung der Sitzposition und Bildschirmhöhe, um eine neutrale Nackenhaltung zu gewährleisten.
  1. Stärkung der Nackenmuskulatur:
  • Regelmäßige Übungen zur Kräftigung der Hals- und Schultermuskulatur.
  • Regelmäßige medizinische Trainingstherapie.

In den meisten Fällen heilt ein Schleudertrauma bei einer optimalen Erstversorgung und Therapie folgenlos aus. Meist müssen dafür aber wirklich sowohl die osteopathische Behandlung als auch die myozentrische Occlusionsschiene in die Behandlung miteinbezogen werden.

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Wir sind DIE kompetente orthopädische Privatpraxis der ehrwürdigen Hansestadt Lüneburg.

Unsere Türen stehen offen für alle Privatpatienten und Selbstzahlerpatienten. Behandlungen zu Lasten gesetzlicher Krankenversicherung – GKV – sind infolge mangelnder Vertragsbeziehungen nicht möglich.